Prozesskostenhilfe beantragen – so geht’s, Teil 2
Wer die finanziellen Mittel für ein Gerichtsverfahren alleine nicht aufbringen kann, kann Prozesskostenhilfe beantragen.
Es kann recht schnell passieren, dass etwas vorgefallen ist, mit der Gegenseite keine Einigung erzielt werden kann und der Sachverhalt deshalb vor Gericht geklärt werden muss. Allerdings verursacht ein Gerichtsverfahren Kosten.
So werden zum einen die Gerichtskosten, also die Kosten für das Verfahren als solches, fällig. Für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt können zum anderen dann noch die Anwaltskosten dazukommen.
Nun hat aber nicht jeder die finanziellen Mittel, um einen Rechtsstreit vor Gericht zu bezahlen. Auf der anderen Seite will der Gesetzgeber sicherstellen, dass jeder die Chance hat, seine Rechte vor Gericht zu verfolgen oder zu verteidigen. Deshalb wurde die Prozesskostenhilfe geschaffen. Die Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung und in diesem Sinne eine spezielle Form der Sozialhilfe.
In einem zweiteiligen Ratgeber klären wir die wichtigsten Fragen zu diesem Thema. Dabei haben wir in Teil 1 erläutert, was die Prozesskostenhilfe genau ist, wer Prozesskostenhilfe beantragen kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Außerdem haben wir erläutert, wie der Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wird.
Hier ist Teil 2 des Beitrags!
Inhalt
Wie es nach dem Antrag auf Prozesskostenhilfe weitergeht
Nachdem der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Gericht eingegangen ist, überprüft die zuständige Stelle zuerst, ob alle notwendigen Unterlagen vorhanden sind. Ist das der Fall, wird geprüft,
- ob und in welchem Umfang der Antragsteller die Kosten für das Gerichtsverfahren aus eigenen Mitteln aufbringen kann,
- ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind und
- ob dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. (Für die Beiordnung eines Anwalts ist ein zusätzlicher Antrag notwendig. Üblicherweise wird sich der Rechtsanwalt darum aber selbst kümmern.)
Zu der Entscheidung wird ein schriftlicher Bescheid erlassen. In diesem Bescheid steht, ob dem Antragsteller Gerichtskostenhilfe gewährt wird und wenn ja, in welcher Höhe. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann das Gericht dabei bestimmen, dass die gesamten Kosten für das Gerichtsverfahren aus der Staatskasse bezahlt werden.
Wird dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet, umfasst die Prozesskostenhilfe neben den Gerichtskosten auch die Anwaltskosten. Entscheidet das Gericht, dass sich der Antragsteller an den Kosten beteiligen muss, kann es eine Ratenzahlung festsetzen. In diesem Fall wird der Teil der Kosten, den der Antragsteller selbst bezahlen muss, auf bis zu 48 Monatsraten aufgeteilt. Für die Ratenhöhe gibt es eine gesetzliche Regelung.
Aber Achtung:
Die zuständige Stelle überprüft regelmäßig, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach wie vor gegeben sind. Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Zwischenzeit wesentlich verändert, kann das Gericht seine Entscheidung über den Antrag ebenfalls entsprechend abändern. Dabei kann es bestimmen, dass die festgesetzten Monatsraten verringert oder sogar komplett gestrichen werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers deutlich verschlechtert haben.
Hat sich seine finanzielle Situation hingegen spürbar verbessert, kann das Gericht den Umfang der gewährten Hilfe kürzen oder die Prozesskostenhilfe auch komplett streichen. In diesem Fall widerruft das Gericht die Bewilligung und zieht den Antragsteller zur Zahlung heran. Änderungen an der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe kann das Gericht während des Gerichtsverfahrens und in den darauffolgenden vier Jahren veranlassen.
Der Antragsteller wiederum ist dazu verpflichtet, das Gericht in den vier Jahren nach dem Gerichtsverfahren von sich aus umgehend über wesentliche Veränderungen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu informieren. Dabei liegt eine wesentliche Veränderung vor, wenn sich die Einnahmen oder Ausgaben um mehr als 100 Euro monatlich erhöhen oder verringern.
Erfüllt der Antragsteller seine Mitteilungspflicht nicht, macht er falsche Angaben oder legt er angeforderte Unterlagen nicht vor, kann das Gericht den Beschluss aufheben. Für den Antragsteller hat das zur Folge, dass er die gesamten Verfahrenskosten nachzahlen muss. Gleiches kann passieren, wenn der Antragsteller mit den Ratenzahlungen um mehr als drei Monate in Rückstand gerät.
Was der Antragsteller noch beachten sollte
Bevor sich der Antragsteller auf den Rechtsstreit einlässt, sollte er in Erfahrung bringen, wie hoch die Gerichts- und Anwaltskosten ungefähr sein werden. Denn selbst wenn er Prozesskostenhilfe bekommt, bleibt ein Kostenrisiko.
Das liegt daran, dass die Prozesskostenhilfe nur die Gerichts- und Anwaltskosten des Antragstellers abdeckt. Verliert er den Prozess, werden ihm üblicherweise auch die Kosten der Gegenseite auferlegt. Diese Kosten umfasst die Prozesskostenhilfe aber nicht.
Ein weiteres Kostenrisiko entsteht, wenn der Antragsteller einen Rechtsanwalt damit beauftragt, den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Wird der Antrag nicht bewilligt, muss der Antragsteller die Kosten, die der Anwalt für das Antragsverfahren in Rechnung stellt, bezahlen. Gleiches gilt für Gerichtskosten, die schon im Vorfeld des Verfahrens oder erst im Nachhinein anfallen.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass sich die Prozesskostenhilfe immer nur auf das Gerichtsverfahren bezieht, für das sie beantragt wurde. Geht es nach diesem Verfahren weiter, beispielsweise weil gegen das Urteil Berufung eingelegt wird oder weil ein zweites Verfahren zur Urteilsvollstreckung folgt, muss der Antragsteller für das Folgeverfahren erneut Prozesskostenhilfe beantragen.
Allgemeine Vorlage für einen Antrag auf Prozesskostenhilfe
Zum Abschluss zeigen wir noch an einem Muster, wie der Antrag auf Prozesskostenhilfe aussehen kann. Zu dem Antrag werden dann die benötigten Unterlagen hinzugefügt und das Ganze beim zuständigen Gericht eingereicht.
Name des Antragstellers
Anschrift
An das
Amtsgericht/Landgericht …
Anschrift
Antrag auf Prozesskostenhilfe
In der Sache _________________________ ./. _________________________ beantrage ich die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Aufgrund meiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bin ich nicht in der Lage, die Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit aus eigenen Mitteln aufzubringen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Erklärung über meine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die diesem Antrag zusammen mit den erforderlichen Belegen als Anlagen beiliegen.
Die hinreichende Erfolgsaussicht leitet sich aus dem Klageentwurf ab. Diesen füge ich ebenfalls als Anlage hinzu und verweise insofern darauf.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
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