Prozesskostenhilfe beantragen – so geht’s, Teil 1

Prozesskostenhilfe beantragen – so geht’s, Teil 1

Ein Verfahren vor Gericht verursacht Kosten. Wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen, um seine Rechte vor Gericht zu verfolgen oder zu verteidigen, kann Prozesskostenhilfe beantragt werden.

Kommt nach einem Vorfall keine Einigung mit der Gegenseite zustande, landet der Streit nicht selten vor Gericht. Doch ein Rechtsstreit vor Gericht kostet Geld. So fallen zum einen die Gerichtskosten an. Die Gerichtskosten sind die Kosten für das eigentliche Verfahren vor Gericht.

Zum anderen können für die Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt Anwaltskosten dazukommen. Allerdings kann nicht jeder die Gerichts- und Anwaltskosten aus eigenen Mitteln finanzieren. Gleichzeitig möchte der Gesetzgeber, dass jeder die Möglichkeit nutzen kann, seine Rechte vor Gericht zu verfolgen oder zu verteidigen.

Aus diesem Grund hat er die Prozesskostenhilfe geschaffen. Was es mit dieser Prozesskostenhilfe auf sich hat, wer sie nutzen kann und wie sie beantragt werden muss, erklären wir in einem ausführlichen Beitrag.

Hier ist Teil 1:

 

Was die Prozesskostenhilfe ist

Bei der Prozesskostenhilfe handelt es sich um eine spezielle Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege. Die Prozesskostenhilfe soll sicherstellen, dass ein Bürger seine Rechte auch dann vor Gericht verfolgen oder durchsetzen kann, wenn er die Kosten für das Gerichtsverfahren alleine nicht aufbringen kann. Schließlich kann ein Rechtsstreit vor Gericht ordentlich ins Geld gehen. Zunächst entstehen nämlich die Gerichtskosten.

Die Gerichtskosten beziffern die Kosten für das Verfahren vor Gericht als solches. Fällig werden die Gerichtskosten immer dann, wenn der Rechtsstreit durch ein Urteil entschieden werden muss. Erhebt ein Bürger Klage oder wurde er verklagt, wird er oft die Hilfe eines Rechtsanwalts brauchen. Auch der Anwalt hat aber Anspruch auf eine Vergütung. Deshalb kommen zu den Gerichtskosten noch Anwaltskosten dazu.

Für die Prozesskostenhilfe wird oft auch nur das Kürzel PKH verwendet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wiederum wird häufig von der Gerichtskostenbeihilfe gesprochen. Und je nach Rechtsgebiet kann dem Bürger auch der Begriff Verfahrenskostenhilfe, kurz VKH, begegnen.

Bei Verfahren in Familiensachen und bei Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird nämlich keine Prozesskostenhilfe, sondern Verfahrenskostenhilfe gewährt. Die Regelungen basieren aber auf denselben Vorschriften und stimmen weitestgehend überein. Unterschiede gibt es nur, was die Beiordnung eines Rechtsanwalts betrifft.

 

Wer die Prozesskostenhilfe nutzen kann

Ein Bürger kann Prozesskostenhilfe beantragen, wenn er vor Gericht gehen will oder muss und die Kosten für den Rechtsstreit aus eigenen Mitteln nicht finanzieren kann. Ob er Kläger oder Beklagter ist, spielt dabei keine Rolle. Allerdings soll die Prozesskostenhilfe tatsächlich eine staatliche Fürsorgeleistung sein.

Sie ist nicht dazu gedacht, ständig irgendwelche Gerichtsverfahren zu Lasten der Staatskasse und damit auf Kosten der Allgemeinheit einzuleiten. Um hier entgegenzusteuern, definiert § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) daher drei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen:

  1. Der Bürger muss vor Gericht gehen, kann die Kosten für den Prozess aber gar nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen.
  2. Das Gericht sieht bei dem beabsichtigten Gerichtsprozess hinreichende Erfolgsaussichten für den Bürger.
  3. Das beabsichtigte Gerichtsverfahren erscheint nicht mutwillig. Mutwillig wäre ein Gerichtsprozess, den der Bürger nicht führen würde, wenn er die Kosten für den Rechtsstreit selbst bezahlen müsste.

Gibt es eine Rechtsschutzversicherung oder eine andere Stelle, die die Prozesskosten übernehmen würde, hat der Bürger keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Außerdem bekommt der Bürger keine Prozesskostenhilfe, wenn die gesetzliche Unterhaltspflicht einen Dritten dazu verpflichtet, die Kosten zu tragen. Dieser Dritte kann beispielsweise der Ehepartner, der eingetragene Lebenspartner oder bei einem unverheirateten Kind ein Elternteil sein.

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Im Strafrecht gibt es eine Besonderheit. Hier kann der Bürger Prozesskostenhilfe bekommen, wenn er das Opfer ist oder als Privatkläger auftritt. Ist er hingegen der Beklagte, wird ihm keine Prozesskostenhilfe gewährt. Stattdessen kann er in diesem Fall aber Anspruch auf eine Pflichtverteidigung haben.

 

Prozesskostenhilfe beantragen – so geht’s

Prozesskostenhilfe wird auf Antrag gewährt. Den Antrag muss der Bürger bei dem Gericht stellen, vor dem das Verfahren stattfinden soll. Dabei gliedert sich der Antrag auf Prozesskostenhilfe in zwei Teile:

 

  1. Der eigentliche Antrag auf Prozesskostenhilfe

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe wird formlos beantragt. Einen bestimmten Vordruck gibt es dafür nicht. Stattdessen setzt der Bürger ein Schreiben auf, in dem er den beabsichtigten Rechtsstreit vollständig und ausführlich beschreibt. Gibt es Beweismittel, sollte der Bürger diese ebenfalls angeben.

Ist bereits ein Klageentwurf vorhanden, kann der Bürger den Klageentwurf als Beschreibung des Rechtsstreits verwenden. In diesem Fall reicht es aus, wenn er im Antragsschreiben auf den beigelegten Klageentwurf verweist. Aus den Angaben und Erläuterungen muss das Gericht entnehmen können, dass die Erfolgsaussichten des Bürgers bei dem angestrebten Gerichtsverfahren hinreichend sind. Andernfalls muss es den Antrag ablehnen. Der Bürger sollte sich deshalb genau überlegen, wie er den Rechtsstreit beschreibt.

Ist der Bürger unsicher, kann er einen Rechtsanwalt einschalten. Der Anwalt kann den Antrag erstellen und bei Gericht einreichen. Daneben kann sich der Bürger direkt an das zuständige Gericht wenden. Der Rechtspfleger der Geschäftsstelle hilft dem Bürger bei der richtigen Formulierung und nimmt den Antrag zu Protokoll. Diese Hilfe ist kostenlos. Im 2. Teil unseres Beitrags stellen wir ebenfalls ein Muster als Formulierungshilfe zur Verfügung.

 

  1. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse

Neben dem Antrag muss der Bürger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgeben. Und seine Angaben muss er mit aktuellen Nachweisen belegen. Das Gericht verwendet die Erklärung, um zu überprüfen, ob der Bürger einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat. Denn die Prozesskostenhilfe ist für Personen bestimmt, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um einen Rechtsstreit zu bezahlen. Aus diesem Grund muss der Bürger seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen.

Für die Erklärung gibt es einen Vordruck, den der Bürger ausfüllen muss. Erhältlich ist das Formular bei Gericht und auch online auf dem Justizportal. Beim Ausfüllen des Vordrucks sollte der Bürger aufmerksam und gewissenhaft vorgehen.

Für Angaben, die nicht in die Felder auf dem Formular passen, kann er ein zusätzliches Blatt Papier verwenden. Belege, die der Bürger hinzufügt, sollte er nummerieren und die Zahlen in die Kästchen auf dem Formular eintragen. Vollständige Angaben und Belege sind sehr wichtig, denn andernfalls kann das Gericht keine Prozesskostenhilfe gewähren.

 

Die Unterlagen für einen Antrag auf Prozesskostenhilfe in der Übersicht

Bevor der Bürger seinen Antrag bei Gericht einreicht, sollte er noch einmal sorgfältig prüfen, ob alle notwendigen Unterlagen vorhanden sind. Bei Dokumenten und Belegen genügen aber selbstverständlich Kopien. Die Originale bleiben beim Bürger. Komplett ist der Antrag mit folgenden Unterlagen:

  • formloser Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
  • Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
  • Gehaltsabrechnung, Bescheid vom Sozialleistungsträger oder Steuerbescheid als Einkommensnachweis
  • Mietvertrag als Nachweis für die Wohnkosten
  • weitere Belege über Einkommen, Vermögenswerte und Ausgaben gemäß Erklärungsformular
  • Personalausweis oder Pass
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