Welche Formulierungen darf ein Inkasso-Schreiben enthalten?
Rechnungsbeträge von Einkäufen, Mitgliedsbeiträge, Gebühren und andere Entgelte müssen natürlich bezahlt werden. Bleibt die Zahlung aus, weil der Verbraucher eine Rechnung übersehen hat oder ihm momentan die finanziellen Mittel fehlen, wird der Vertragspartner mit einer erneuten Zahlungsaufforderung oder Mahnungen an den fälligen Betrag erinnern. Viele Gläubiger schalten auch ein Inkassounternehmen ein, das die säumige Forderung durchsetzen soll.
Grundsätzlich ist es zulässig, wenn ein Gläubiger ein Inkassounternehmen beauftragt. Hat er die vereinbarte Leistung erbracht, hat er schließlich einen Anspruch darauf, dass er im Gegenzug sein Geld bekommt. Und wenn Zahlungserinnerungen oder Mahnungen nichts bringen, kann er die Angelegenheit abgeben.
Trotzdem sollte sich der Verbraucher nicht einschüchtern und ohne nähere Prüfung zu übereilten Zahlungen verleiten lassen. Denn längst nicht alle Formulierungen, die in Inkasso-Schreiben enthalten sind und gerne unangenehme Konsequenzen androhen, sind erlaubt.
Inhalt
Warum verunsichern viele Inkasso-Schreiben die Empfänger?
Zunächst einmal ist es natürlich nicht besonders angenehm, wenn ein Brief von einem Inkassounternehmen im Briefkasten liegt. Ob der Verbraucher eine Rechnung nur vergessen hatte oder die Zahlung einfach nicht leisten konnte, macht letztlich keinen Unterschied. In beiden Fällen könnte er auf die Post vermutlich gut verzichten.
Dass so viele Inkasso-Schreiben den Empfänger verunsichern, liegt zum einen an den zusätzlichen Kosten. Denn sobald ein Inkassounternehmen ins Spiel kommt, erhöht sich die ursprüngliche Forderung um weitere Gebühren. Zum anderen sind Inkasso-Schreiben oft in einem eher rauen Ton formuliert.
Sie kündigen verschiedene rechtliche Folgen an, wenn der Schuldner die Forderung nicht zeitnah begleicht. Die Aussicht auf ein gerichtliches Mahnverfahren, einen Vollstreckungsbescheid, eine Lohn- oder Kontopfändung oder einen negativen Eintrag bei der Schufa wird häufig als bedrohlich empfunden.
Trotzdem sollte der Empfänger nicht in Panik geraten. Bevor er eine Zahlung leistet, sollte er prüfen, ob die Forderung in der Sache und der Höhe berechtigt ist. Dazu kann er zum Beispiel den Inkasso-Check der Verbraucherzentrale nutzen. Das kostenlose Online-Werkzeug ermittelt, ob der Empfänger die Forderung begleichen muss und die angegebenen Inkassokosten angemessen sind.
Sinnvoll ist außerdem, sich über das Inkassounternehmen zu erkundigen. Denn nicht jedes Unternehmen, das sich als Inkassounternehmen ausgibt, ist ein seriöses Unternehmen mit entsprechender Zulassung.
Welche Formulierungen darf ein Inkasso-Schreiben enthalten und welche nicht?
Ein Inkasso-Schreiben verfolgt das Ziel, den säumigen Empfänger zur Zahlung zu bewegen. Doch das bedeutet nicht, dass sich das Inkassounternehmen alles herausnehmen darf.
Wir zeigen, welche Formulierungen zulässig sind:
Ankündigen von rechtlichen Schritten und zusätzlichen Kosten
Ein Inkasso-Schreiben kann rechtliche Schritte wie zum Beispiel ein Mahnverfahren oder eine Klage ankündigen. Ebenso ist zulässig, wenn das Schreiben darauf hinweist, dass die Kosten weiter steigen können, wenn der Empfänger nicht bezahlt.
Allerdings sollte aus dem Schreiben auch hervorgehen, dass solche Folgen nur dann drohen, wenn der Empfänger die Zahlung nicht leistet, obwohl er dazu verpflichtet ist. Außerdem müssen sowohl der ursprüngliche Rechnungsbetrag als auch die ausgewiesenen Inkassogebühren korrekt sein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich schon mehrfach mit dieser Thematik beschäftigt. So haben die Richter in einem Urteil vom 22. März 2018 klargestellt, dass Formulierungen in einem Inkasso-Schreiben, die zur Zahlung auffordern, berechtigt sind. Sie nahmen zwar an, dass so ein Schreiben den Druck auf den Verbraucher erhöhen soll.
Dass die Einleitung gerichtlicher Schritte unmittelbar bevorsteht oder Vollstreckungsmaßnahmen möglich sind, sind trotzdem zulässige Hinweise. Denn es handelt sich dabei nicht um falsche Informationen, sondern um gesetzlich vorgesehene Möglichkeiten.
Eine andere Einschätzung kommt in Betracht, wenn das Schreiben keine konkreten Angaben dazu macht, wie der Empfänger die angekündigten Maßnahmen verhindern kann. Gleiches gilt, wenn der Eindruck entsteht, dass der Empfänger zu seiner Verteidigung gar nichts mehr unternehmen kann. Nähere Ausführungen dazu machte der BGH jedoch nicht (Az. I ZR 25/17).
Ist die ganze Forderung unberechtigt, weil der Verbraucher zum Beispiel gar keinen Vertrag abgeschlossen hat, muss er natürlich auch nichts bezahlen. Dennoch sollte er das Inkasso-Schreiben nicht ignorieren, sondern der Forderung schriftlich widersprechen.
Ankündigen von Vollstreckungsmaßnahmen
Ein Inkassounternehmen kann nicht nur ein Mahn- oder Klageverfahren, sondern auch Vollstreckungsmaßnahmen in Aussicht stellen. Dazu gehören die Zwangsvollstreckung, die Lohnpfändung, die Sperrung des Bankkontos, Besuche vom Gerichtsvollzieher oder der Erlass eines Haftbefehls.
Solche Maßnahmen sind zulässig, um eine Forderung einzutreiben. Voraussetzung ist aber, dass ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Titel gegen den Schuldner vorliegt. Das ist etwa der Fall, wenn er von einem Gericht dazu verurteilt wurde, die Forderung zu begleichen. Der Schuldtitel bleibt dann 30 Jahre gültig und kann solange auch vollstreckt werden.
Im oben zitierten Urteil hat der BGH bestätigt, dass ein Inkasso-Schreiben auch Vollstreckungsmaßnahmen ankündigen darf. Offen blieb aber, wie solche Formulierungen zu werten sind, wenn der Empfänger nicht auf seine Möglichkeiten hingewiesen wird, die Maßnahmen zu vermeiden.
Ankündigen eines Eintrags in einer Auskunftei
Die Ankündigung, dass das Inkassounternehmen die Schufa oder eine andere Auskunftei informiert, wenn die Zahlung nicht fristgerecht erfolgt, ist erlaubt. Voraussetzung ist aber, dass die Forderung tatsächlich besteht und der Empfänger nichts unternommen hat.
Nicht erlaubt hingegen ist ein Formulierung wie: „Stellen Sie eine fristgerechte Zahlung sicher, um negative Auswirkungen auf Ihre Kreditwürdigkeit zu verhindern.“
Denn aus so einer Aussage geht nicht hervor, dass nur unbestrittene Forderungen an eine Auskunftei gemeldet und dort eingetragen werden dürfen. Aus diesem Grund ist die Formulierung unsachlich und nicht angemessen.
Zu kurze Zahlungsfristen
Es ist erlaubt, auf steigende Inkassokosten hinzuweisen, wenn die Zahlung auf sich warten lässt. Allerdings muss das Inkassounternehmen dem Empfänger auch eine angemessene Frist einräumen, um die Zahlung zu leisten.
Eine Formulierung wie „Sie können die beschriebenen Maßnahmen nur durch eine sofortige Zahlung des Gesamtbetrags von … Euro vermeiden.“ ist nicht erlaubt.
Eine Zahlungsfrist von weniger als sieben Tagen ist zu kurz und dadurch unangemessen. Auch von fett, unterstrichen oder farbig gedruckten Daten sollte sich der Empfänger nicht verunsichern lassen.
Ankündigen eines Hausbesuchs
Das Inkassounternehmen kann dem Empfänger vorschlagen, einen Termin zu vereinbaren, um die Angelegenheit in einem persönlichen Gespräch zu klären. Dieser Termin kann auch im Rahmen eines Hausbesuchs stattfinden.
Verboten ist aber, wenn das Inkassounternehmen pauschal ankündigt, dass der Empfänger mit dem Besuch eines Mitarbeiters von dem Inkassounternehmen rechnen muss. Eine Formulierung wie „… innerhalb der kommenden vier Wochen Besuch von einem Mitarbeiter unseres Inkasso-Teams …“ ist nicht zulässig.
Steht unangekündigt ein Mitarbeiter des Inkassounternehmens vor der Tür, muss ihn der Verbraucher nicht in seine Wohnung lassen. Stattdessen kann und sollte der Verbraucher ihn auffordern, wieder zu gehen. Fühlt sich der Verbraucher unter Druck gesetzt oder gar bedroht, sollte er die Polizei verständigen.
Mitarbeiter eines Inkassounternehmens haben auch keine Berechtigung, sich gewaltsam Zutritt zur Wohnung zu verschaffen. Sollte in dem Inkasso-Schreiben stehen, dass die Wohnungstür gewaltsam geöffnet wird, wenn der Empfänger untätig bleibt, sollte er sich von so einer Drohung also nicht beeindrucken lassen.
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Thema: Welche Formulierungen darf ein Inkasso-Schreiben enthalten?
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